Das Haus in der Gasse

Den Ausspruch: „Die interessantesten Entdeckungen kann man bei den kleinen Verlagen machen,“ kann man immer mal wieder von mir hören. Und tatsächlich entdecke ich da jenseits des Mainstreams literarische Kostbarkeiten.

Bei den Autor*innen aus Italien, dieses Jahr Gastland der Frankfurter Buchmesse, entdeckte ich eine wichtige Stimme der dortigen Literatur in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts: Maria Messsina (1887 – 1944) mit ihrem ersten, 1921 veröffentlichten Roman „Das Haus in der Gasse“. Das Buch ist erschienen bei der Friedenauer Presse, einem Imprint von Matthes & Seitz. In ihrem informativen Nachwort schreibt Christiane Pöhlmann, dass Messina zu Lebzeiten anerkannt, nach ihrem Tod jedoch vergessen wurde und dass sie und ihr Werk beinahe untergegangen wären, da es nur wenige Quellen über Leben und Werk gibt. In den 1980er Jahren begann durch Leonardo Sciascia, der wie Maria Messina aus Sizilien stammt, ihre Wiederentdeckung. Er empörte sich, dass es keine Nachdrucke ihrer Werke gab, die durch die psychologische Zeichnung etwas Zeitloses ausdrücken. Entschleunigte Texte von hoher Sensibilität.

Worum geht es in „Das Haus in der Gasse“?

Don Lucio Carmine, Verwalter und Pachteintreiber von Ländereien und Stadthäusern, heiratet die junge Antonietta. Sozial steigt sie durch diese Heirat auf, wohnt statt in einem kleinen sizilianischen Dorf nunmehr in einem großen Haus in der Stadt. Ihre jüngere Schwester Nicolina soll für die ersten Wochen mitkommen, um ihr die Veränderung zu erleichtern. Nicolina wird jedoch bleiben.

Don Lucio ist ein Pedant, egozentrisch, ein Haustyrann, der von vorn bis hinten bedient werden und alles und jeden im Haus unter Kontrolle haben muss. Die Tage und Wochen verrinnen in trostloser Gleichförmigkeit. Er macht Nicolina, die wie eine Dienstmagd gehalten wird, zur gefügigen Geliebten. Nachdem Antonietta dies bemerkt hat, trennt andauernder Hass die beiden Schwestern.

Doch sie sind abhängig von Don Lucio, der sein eigenes Tun und Denken nie in Frage stellt, die Schuld stets bei anderen oder den Umständen sucht und auch dann nicht einsichtig ist, als ein großes Unglück in der Familie geschieht.

Es gibt kein Entkommen aus dieser düsteren Atmosphäre.

Ein großartiges Psychogramm, das einen wirklich fesselt.

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