Der Gärtner und der Tod

Der Gärtner und der Tod

Den Tod, das Sterben literarisch verarbeitet, findet man nicht allzu oft. Hier geschieht es auf besondere Weise.

„Mein Vater war Gärtner. Jetzt ist er ein Garten.“ Schlichte, fast lapidar klingende erste Sätze.

In seinem bisher persönlichsten Roman lässt Booker-Preisträger Georgi Gospodinov das Leben seines Vaters in einer bewegenden Hommage auferstehen. Mit Witz und Wärme feiert er den leidenschaftlichen Gärtner – sein Vater hatte nach dem Ende des Sozialismus seinen Job verloren und für sich einen neuen, befriedigenden Bereich gefunden – der bis zum Schluss nicht vom Umgraben, Säen und Jäten anzubringen ist, und nicht vom Geschichtenerzählen. Der Vater zeichnet mit seinen Worten ein Bild der Welt, gerade auch der des untergehenden Sozialismus, überall und so lebendig, dass alle Schmerzen vergehen und der Blütenstaub der geschilderten Kirschbäume sich in den Aschenbechern der Ärzte wiederfindet.

Die Lesenden werden keinen chronologischen Text vorfinden. Die Struktur sehe ich als anekdotisch – essayistisch: Die Geschichten des Vaters, die Geschichte von dessen schweren Krebserkrankungen, die weit und weniger weit zurückgehenden Erinnerungen des Sohnes wechseln mit dessen Reflexionen über das Vater-Sohn-Verhältnis, über Krankheit, Sterben und Tod. Und darüber, was ein Garten faktisch und symbolisch für eine Bedeutung haben kann.

Der Fokus liegt wie ein Spotlight auf dem Vater und dem Erzähler/Autor/Sohn. Ja, der Text ist autobiografisch, ist jedoch literarisiert, weil Lebensereignisse ausgewählt und komponiert wurden. Ob er aber von der Struktur her ein Roman ist, darüber lässt sich streiten.

Alle anderen im Buch erwähnten Personen – die Mutter, die Ehefrau, die Tochter und der Bruder des Erzählers – bleiben gleichsam im Schatten, erscheinen als flache Charaktere, als lediglich ergänzende Randfiguren.

Das Schreiben ist Bewältigung der Ereignisse, die der den Vater während seiner letzten Lebenswochen begleitende Sohn erlebt und verarbeiten muss, das Immer-weniger-Können, das Abnehmen, die immer unerträglicher werdenden Schmerzen.

Es gibt lange Passagen, in denen nicht mehr der Vater, sondern der Erzähler selbst, sein Empfinden, sein Mitleiden im Mittelpunkt stehen.

Der zweite Teil des Romans ist ein Reflektieren über zwei Sätze und deren so unterschiedliche Bedeutung:

„Mein Vater ist gestorben“ und „Mein Vater ist tot“. Nicht alle der in diesem Teil geschilderten Überlegungen und Erinnerungen erschienen mir stringent für dieses doch eigentlich leise und poetische Buch. So z. B. Kapitel 72, 77, 82. Das war für mich doch eine Einschränkung dieses trotz aller Tragik tröstenden Buches.

Alexander Sitzmann hat sehr feinfühlig aus dem Bulgarischen übersetzt und die Stimmungslage geknnt wiedergegeben.  

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